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Full text of "10/2068 - Reform des Auswärtigen Dienstes"

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Deutscher Bundestag 
10. Wahlperiode 


Drucksache 10/2068 


03. 10. 84 


Sachgebiet 27 


Große Anfrage 

der Abgeordneten Frau Huber, Wischnewski, Voigt (Frankfurt), Bahr, Dr. Corterier, 
Stobbe, Gansei, Haase (Fürth), Herterich, Würtz, Dr. Soell und der Fraktion der SPD 


Reform des Auswärtigen Dienstes 


Die Bundesrepublik Deutschland hat in den zurückliegenden 
15 Jahren das internationale Ansehen und den Einfluß der 
Bundesrepublik Deutschland wesentlich erhöhen können. Dies 
wurde erreicht durch die Unterzeichnung der Ostverträge und die 
Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den Staaten Osteuro- 
pas, durch die Errichtung diplomatischer Beziehungen mit vielen 
Staaten der Dritten Welt und durch die Beteiligung der Bundesre- 
publik Deutschland an internationalen Konferenzen und der Aus- 
arbeitung internationaler Abkommen und Verträge zur Ab- 
rüstung und Entspannung. Im gleichen Zeitraum ist die Bundesre- 
publik Deutschland verschiedenen internationalen Organisatio- 
nen beigetreten und beteiligt sich im Rahmen der Nordatlanti- 
schen Allianz und der Europäischen Gemeinschaft an fortlaufen- 
den multilateralen Konsultationsverpflichtungen. 

Die geschilderte Entwicklung hat den Aufgabenbereich des Aus- 
wärtigen Amtes erheblich erweitert und auch vor neue Probleme 
gestellt. Ein leistungsfähiger Auswärtiger Dienst als Summe aller 
Tätigkeiten vom einfachen bis höheren Dienst ist die Grundlage 
und Voraussetzung für eine erfolgreiche außenpolitische und 
internationale Politik. Eine Kommission unter Staatssekretär 
Herwarth wurde daher bereits zu Beginn der 70er Jahre beauf- 
tragt, einen Bericht zur Reform des Auswärtigen Dienstes vorzu- 
legen. 

Von den Vorschlägen dieses 1971 eingebrachten Berichts sind 
vom Bundesaußenminister bis heute nur Teile aufgegriffen und 
verwirklicht worden. Angesichts der Aufgabenvermehrung des 
Auswärtigen Dienstes und des raschen Wandels der Lebensum- 
stände in vielen Staaten, in denen die Bundesrepublik Deutsch- 
land diplomatische Beziehungen unterhält, drängt sich heute der 
Eindruck auf, daß der Bundesaußenminister in sozialer und per- 
soneller Hinsicht insbesondere die Bereiche des einfachen, mittle- 
ren und gehobenen Dienstes in unverantwortlicher Weise ver- 
nachlässigt hat. 



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Deshalb fragen wir die Bundesregierung: 

I. 1. Welchen internationalen Organisationen ist die Bundes- 

republik Deutschland in den letzten 15 Jahren beige- 
treten und wird dort ständig vertreten? 

2. Welche fortlaufenden multilateralen Abstimmungen und 
welche multilaterale politische Zusammenarbeit hat die 
Bundesrepublik Deutschland in diesem Zeitraum über- 
nommen? 

3. An welchen internationalen Konferenzen zur Ausarbei- 
tung von Abkommen und Vertragswerken zur Entspan- 
nung und Abrüstung hat sich die Bundesrepublik 
Deutschland in diesem Zeitraum beteiligt? 

4. Welche zusätzlichen neuen Aufgaben sind dem Auswär- 
tigen Dienst aus der wachsenden internationalen wirt- 
schaftlichen Verflechtung der Bundesrepubük Deutsch- 
land und aus dem zunehmenden Touristenstrom nach 
Europa und Übersee entstanden? 

5. Wie viele neue Botschaften und konsularische Vertretun- 
gen wurden in den vergangenen 15 Jahren in den Staaten 
Osteuropas eingerichtet? 

6. Wie viele neue Botschaften und konsularische Vertretun- 
gen hat die Bundesrepublik Deutschland in diesem Zeit- 
raum in Ländern der Dritten Welt errichtet? 

7. Wie viele Botschaften sind mit einer Doppelvertretung 
beauftragt, und welche Länder sind davon betroffen? 

8. Welche Botschaften und Konsulate wurden im angege- 
benen Zeitraum geschlossen? 

9. In welchen Vertretungen hat es in den vergangenen zehn 
Jahren einen besonderen Anstieg der Visa- Anträge gege- 
ben, welche personellen Konsequenzen hat dies für die 
betroffenen Abteilungen gehabt, und wie lang sind heute 
die Wartezeiten für ein Visum? 

II. 1. Welche personellen Konsequenzen hat die Aufgaben- 

vermehrung in den letzten 15 Jahren gehabt? 

2. Stimmt die Aussage des Personalrats, daß die personelle 
Ausstattung des Auswärtigen Dienstes heute der des 
Standes von 1969 entspricht? 

3. Trifft es zu, daß der von der Herwarth-Kommission emp- ^ 
fohlene Ausbau des mittleren Dienstes noch nicht einmal 
zur Hälfte verwirklicht worden ist? 

4. Wie viele Stellen hat der Bundesminister des Auswärtigen 
bei den Haushaltsverhandlungen der letzten zehn Jahre 
für einen angemessenen Ausbau des Auswärtigen Dien- 
stes beantragt? 

5. Wie stellt sich die personelle Entwicklung des Auswär- 
tigen Amtes im Vergleich zu den anderen Bundesressorts 
im gleichen Zeitraum dar? 


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6. Wie sieht die personelle Ausstattung des Auswärtigen 
Dienstes der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich 
zu den Auswärtigen Diensten von Italien, Frankreich, 
Großbritannien, den USA und von Japan aus? 

7. In welchen Ländern mit intensiven wirtschaftlichen 
oder Entwicklungshilfebeziehungen zur Bundesrepublik 
Deutschland gibt es keine eigene Vertretung unseres 
Staates? 

8. Welchen Bedarf hat das Auswärtige Amt an ausgewie- 
senen Wirtschaftsfachleuten, und wie schnell wird der 
Auswärtige Dienst diesen Bedarf decken? 

9. Wie und auf welche Weise sind entsprechend der ver- 
mehrten Aufgaben des Auswärtigen Dienstes durch die 
Beteiligung an internationalen Organisationen Konse- 
quenzen für die Strukturen und Aufgabenstellungen der 
betroffenen Botschaften gezogen worden? 

10. In welchen Ländern haben Überprüfungen und Vertre- 
tungen aufgrund der Kritik des Bundesrechnungshofes 
stattgefunden und mit welchem Ergebnis? 

III. 1. Welche Tätigkeitsbeschreibung liegt der Besetzung der 
einzelnen Funktionen an den Vertretungen im Ausland 
zugrunde? 

2. Wie ist die rechtliche Stellung der Mitarbeiter des Aus- 
wärtigen Dienstes im Rahmen des öffentlichen Dienstes 
im Vergleich zu den Auswärtigen Diensten anderer 
Länder? 

3. Was hält die Bundesregierung davon ab - entsprechend 
der Praxis vieler anderer Staaten bei der Anmeldung 
der Diplomaten- bzw. Konsularliste auch soziale Ge- 
sichtspunkte zu berücksichtigen? 

4. Trifft es zu, daß das Auswärtige Amt bereits mehrere 
Bedienstete des einfachen Dienstes aus den USA hat 
abziehen müssen, da ihr verfügbares Einkommen, das 
heißt, das Einkommen nach Abzug der festen laufenden 
Kosten, unter den Sozialhilfesatz des Gastlandes gesun- 
ken ist und zu einer monatlichen Nettoverschuldung der 
Bediensteten geführt hat? 

5. Wie viele ausländische Ortskräfte beschäftigt der Aus- 
wärtige Dienst, und nach welchen Kriterien werden diese 
ausländischen Ortskräfte besoldet? 

6. Welchen Versicherungsschutz gewährt der Auswärtige 
Dienst Familienangehörigen von Mitgliedern dieses 
Dienstes, die aus dienstlichem Anlaß an Veranstaltungen 
teilnehmen? 

7. Trifft es zu, daß die Familienangehörigen eines Mitglieds 
dieses Dienstes, die auf dem Weg zu einer dienstlichen 
Veranstaltung einen Unfall erlitten und lebenslange 
Gesundheitsschäden davongetragen haben, keine Ent- 
schädigung erhalten haben? 


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8. Was unternimmt der Auswärtige Dienst, um über die 
Sicherung des Vertretungsgeländes und des jeweiligen 
Botschafters hinaus in Staaten besonderer Gefährdung 
die Mitarbeiter der jeweiligen Vertretungen zu schützen? 
Welche Ausgaben sind erforderlich, um eine sachge- 
rechte Sicherung (Alarmanlage, Wachmänner usw.) in 
den Orten besonderer Gefährdung zu gewährleisten? 

Bonn, den 3. Oktober 1984 

Frau Huber 
Wischnewski 
Voigt (Frankfurt) 

Bahr 

Dr. Corterier 
Stobbe 
Gansei 
Haase (Fürth) 

Herterich 
Würtz 
Dr. Soell 

Dr. Vogel und Fraktion 


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